Betroffene Ausbildungs- und Berufsgruppen

Neben den Geschäftsleuten waren die jüdischen Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes bald nach dem 30. Januar 1933 von den NS-Maßnahmen betroffen. Die antisemitische Gesetzgebung traf  diese Berufsgruppen vor allem mit dem „Berufsbeamtengesetz".1 Nach § 3 sollten alle „nichtarischen" Beschäftigten aus dem Dienst entlassen werden. Sonderregelungen gab es nur für Teilnehmer des Ersten Weltkriegs und Altbeamte.

Es folgten Verordnungen gegen die Beschäftigung und Zulassung jüdischer Rechtsanwälte und Ärzte, Maßnahmen gegen Studierende, Auszubildende, Schüler und Schülerinnen, die deren beruflichen Perspektiven erheblich einschränkten. Vor allem das Gesetz gegen die Überfüllung deutscher Schulen und Hochschulen vom 25. April 1933 ermöglichte Jüdinnen und Juden nur noch gemäß einer Quote, die ihrem „Anteil an der Gesamtbevölkerung" entsprach, qualifizierte Schul- oder Studienabschlüsse zu erlangen.2 Kaum greifbare Bestimmungen gab es gegen jüdische Auszubildende oder die Angestellten im privatwirtschaftlichen Sektor. Lehrlinge waren als Berufsschüler aber der allgemeinen Schulordnung unterworfen. Da bereits 1933 „arische" Geschäftsleute kaum noch jüdische Angestellte beschäftigten, blieb ihnen nur noch die Möglichkeit, einen Arbeitsplatz bei einem jüdischen Unternehmer zu finden. Nach den "Arisierungen" verloren folglich fast alle jüdischen Angestellten ihre Arbeitsstellen.

Anfangs trafen die Maßnahmen die Berufsgruppen unterschiedlich stark

Die antijüdischen Verordnungen nahmen in den Anfangsjahren der NS-Diktatur vor allem jungen Menschen jegliche Zukunftsperspektive. Viele von ihnen flüchteten daher schon früh ins Ausland. Im Handel und Gewerbe waren die Boykottmaßnahmen aber nicht auf allen Ebenen geeignet, sofort Erfolge im Sinne der Nationalsozialisten zu erzielen. Betriebsübergaben an nichtjüdische Konkurrenten oder Firmenliquidationen blieben in mehreren Handelsbereichen zunächst eine Ausnahme, obwohl Organisationen wie die IHK-Südhannover, die NS-Hago (später DAF)3 oder auch Ortsgruppen der NSDAP aktiv wurden, um mögliche Kunden jüdischer Geschäfte unter Druck zu setzen. Die Auswirkungen auf die einzelnen Branchen werden auf den folgenden Unterseiten dargestellt. 


Fußnoten

  1. RGBl I, S. 175-177, „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufbeamtentums" vom 07. April 1933.
  2. RGBl I, S. 225, vgl. dazu auch Joseph Walk: Das Sonderrecht für die Juden im NS-Staat. Eine Sammlung der gesetzlichen Maßnahmen und Richtlinien – Inhalt und Bedeutung, Karlsruhe 1981, S. 17-18.
  3. Nationalsozialistische Handwerks-, Handels- und Gewerbeorganisation, organisierte u.a. Boykottmaßnahmen gegen jüdische Geschäftsinhaber und wurde 1935 in die Deutsche Arbeits-Front (DAF) überführt.

 

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