Fluchtrouten

Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs am 01. September 1939 waren die Möglichkeiten zur Flucht aus dem Deutschen Reich noch zahlreich vorhanden. Ein Problem bestand allerdings darin,  zum richtigen Zeitpunkt die passende Route zu finden, da sowohl die NS-Regierung als auch die Aufnahmeländer ständig die Richtlinien ihrer Politik änderten.

Im Normalfall reichte das Visum eines Aufnahmelandes, um an die notwendigen deutschen Ausreisepapiere zu gelangen. So stellte die britische Regierung bis 1937 Kontingente für die Einwanderung nach Palästina zusammen, auch südamerikanische Staaten und Südafrika nahmen unter bestimmten Voraussetzungen jüdische Flüchtlinge auf. In allen drei Fällen war eine Schiffspassage nötig, um in die Aufnahmeländer zu gelangen.

Viele Geflüchtete kamen in den Nachbarländern des Deutschen Reiches unter

Viele der Verfolgten suchten zunächst Schutz in den Nachbarländern des Deutschen Reiches, wo sie Unterkunft bei Freunden oder Verwandten finden konnten. Sie reisten entweder mit der Bahn oder gingen zu Fuß „illegal" über die Grenze. Einige flüchteten weiter nach Übersee, andere blieben und überlebten in der „Illegalität". Zu viele aber wurden deportiert und ermordet.

Die meisten der jüdischen Geflüchteten aus Göttingen und Umgebung schafften es, eine Nummer der deutschen Quote für die Emigration in die USA zu bekommen. Ihr Weg führte sie zunächst nach Hamburg oder Bremerhaven, wo sie in den amerikanischen Konsulaten ihre Visa erhielten und von wo die Schiffe des Norddeutschen Lloyd und der Hamburg-Amerika-Linie ablegten. In der zweiten Hälfte der 1930er Jahre nahmen zahlreiche Flüchtlinge auch die Route über die westeuropäischen Häfen Rotterdam, Antwerpen und Le Havre. Nach Kriegsausbruch am 01. September 1939 war die Lage weitaus komplizierter. Durch den Kriegseintritt Englands und die Seeblockade blieb der Weg über die deutschen Häfen praktisch versperrt. Bis 1940 konnte man noch über Italien ausreisen, von Genua oder Triest fuhren regelmäßig Schiffe nach Palästina und Übersee ab.

Fluchtwege wurden zunehmend länger und gefährlicher

Jüdische Institutionen wie die Jewish Agency organisierten zu dieser Zeit auch Transporte mit der Donau-Dampfschifffahrts-Gesellschaft über Rumänien ins „Gelobte Land". Der Weg nach Asien, wo Shanghai als „offene" Stadt zunächst keine Visa verlangte, ging über die Transsibirische Eisenbahn oder über eine langwierige Schiffspassage. Als letzte „offizielle" Möglichkeit gab es schließlich bis 1941 den Fluchtweg mit der Bahn von Berlin über Frankreich und Spanien in die portugisische Hauptstadt Lissabon und von dort per Schiff nach Übersee. Auf den folgenden Seiten sollen einige Schiffsrouten und der Landweg über die Iberische Halbinsel ausführlicher dargestellt werden.